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Wahlanalyse Berlin 2023

CDU klar stärkste Partei vor SPD und Grünen

(Mannheim, 16.02.2023) Bei der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wird die CDU erstmals seit über zwei Jahrzehnten wieder stärkste Partei und erreicht nach sehr deutlichen Zugewinnen 28,2 Prozent (plus 10,2 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021). Die SPD fällt nach Verlusten mit 18,4 Prozent (minus 3,0) auf ihr schlechtestes Ergebnis im Land Berlin überhaupt. Die Grünen verlieren nur ganz leicht und liegen mit 18,4 Prozent (minus 0,5) jetzt mit der SPD auf Augenhöhe. Die Linke kommt verschlechtert auf 12,2 Prozent (minus 1,9) und die AfD verbessert sich leicht auf 9,1 Prozent (plus 1,1). Die FDP rutscht mit 4,6 Prozent (minus 2,5) unter die Fünf-Prozent-Hürde und verpasst so den Wiedereinzug ins Berliner Abgeordnetenhaus. Alle sonstigen Parteien erreichen zusammen 9,0 Prozent (minus 3,4). Die Wahlbeteiligung sinkt bei der Wiederholungswahl stark auf 63,0 Prozent (minus 12,3).
Wahlergebnis: CDU profitiert ohne viel eigenes Zutun
Überlagert war die stark landespolitisch geprägte Wahl von heftiger Kritik am Senat. Allerdings gibt es auch Zweifel am Mehrwert möglicher Alternativen. Neben SPD und Grünen kann die CDU inhaltlich und personell ebenfalls nur bedingt überzeugen, profitiert aber von der Unzufriedenheit mit Rot-Grün-Rot, der Schwäche der FDP und einem spezifischen Mobilisierungserfolg. Bei weit weniger Wahlbeteiligung – 2021 war parallel Bundestagswahl – ist die CDU in der relativ beteiligungsstarken Generation 60plus besonders stark.
Wer wählte wen: Starkes Altersgefälle
So wird die CDU von 38 Prozent der ab 60-Jährigen gewählt, schafft mit 32 Prozent aber auch bei den 45- bis 59-Jährigen ein gutes Ergebnis. Bei den 30- bis 44-Jährigen werden die Grünen mit 27 Prozent stärkste Partei vor CDU, SPD und Linke (21, 14 bzw. 13 Prozent). Bei den unter 30-Jährigen bleibt neben den Grünen auch die Linke relativ stark (26 bzw. 19 Prozent), CDU und SPD erzielen hier weiterhin nur wenig Zuspruch (14 bzw. zehn Prozent).
Spitzenkandidat/innen: Giffey ohne Zugkraft
Mitverantwortlich für das schwache SPD-Ergebnis ist eine Spitzenkandidatin, die weit weniger Zugkraft entfaltet als andere Länder-Regierungschefs. Nur 51 Prozent bescheinigen Franziska Giffey als Bürgermeisterin gute Arbeit. Beim Ansehen verfehlt Giffey klar das Niveau ihrer Amtsvorgänger Michael Müller oder Klaus Wowereit und liegt auf der +5/-5-Skala mit 0,4 (2021: 0,9) nur knapp vor Kai Wegner (CDU), der – wie alle Berliner CDU-Kandidaten seit 2001 – mit 0,3 (2021: 0,1) ebenfalls schwach bleibt. Als Regierende/n Bürgermeister/in wünschen sich 32 Prozent Franziska Giffey, 27 Prozent Kai Wegner und nur 15 Prozent Bettina Jarasch (Grüne), die beim Image auf minus 1,3 (2021: 0,1) abstürzt.
Senat und Opposition: Berlin-typisch schwach
Sehr kritisch sehen die Berliner/innen die Leistungen des Senats, der auf der +5/-5-Skala nur minus 0,4 erreicht. Nur selten gab es für Regierungspolitik schlechtere Noten. Dabei unterschieden die Befragten jedoch klar zwischen SPD (0,2), Linke (minus 0,5) und auffällig schwachen Grünen (minus 0,9). Berlin-typisch ist aber auch eine schwache Opposition, in der CDU (0,1) und FDP (minus 0,4) blass bleiben und die AfD (minus 3,1) miserabel bewertet wird. Nur 29 Prozent glauben, dass die CDU - würde sie regieren – ihre Sache besser machen würde (schlechter: 26 Prozent; kein Unterschied: 40 Prozent).
Top-Themen: Wohnungsmarkt und Verkehr
Bei den in Berlin wichtigsten Themen hat die SPD im Bereich „Wohnungsmarkt“ Kompetenzverluste und liegt nur noch knapp vor der CDU und einer hier relativ starken Linken. Die Grünen brechen beim zweiten Top-Thema „Verkehr“ heftig ein und werden von der CDU überholt. Daneben punktet die CDU in einer Stadt, in der der Senat für 62 Prozent der Befragten „bei Ausschreitungen und Randale viel zu lange weggeschaut hat“, bei „Bekämpfung von Kriminalität“. Bei „Bildung/Schule“, „Soziale Gerechtigkeit“ oder „Klimaschutz“ hat die CDU mehr oder weniger große Defizite. FDP und AfD bleiben inhaltlich gewohnt blass, allerdings nutzen der AfD nach Meinung von 63 Prozent „die Ukraine-Krise und die hohen (Energie-)Preise“.
Koalitionen: Durchweg kritische Distanz
Bei einer Wahl mit kaum bundespolitischem Einfluss ist das Ergebnis letztendlich auch Ausdruck von viel Unmut in einer Großstadt mit vielen Problemen, in der im Bundesländer-Vergleich beim Thema „Zukunftsvorbereitung“ Rekord-Pessimismus herrscht. Die Parteien vor Ort haben alle nur partielle Stärken und ein überzeugendes Gesamtpaket fehlt: Neben einer rot-grün-roten Neuauflage gehen die Berliner/innen auch zu sämtlichen anderen denkbaren Koalitionen auf Distanz.

Informationen zu den Umfragen

Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Befragung der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.590 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Berlin in der Woche vor der Wahl sowie auf der Befragung von 17.478 Wähler/innen am Wahltag.
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Seite zuletzt geändert am 16.02.2023 um 10:27 Uhr

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