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Politbarometer April II 2005

ZDF-Pressemeldung - KW 17

(Mainz, 29.04.05) Trotz einer grundsätzlichen Zustimmung zur Kapitalismuskritik von Franz Müntefering verschlechtert sich die Stimmung für die SPD merklich, während die Grünen sich trotz Visa-Affäre stabilisieren können. Die Union kann sich ein weiteres Mal leicht verbessern. In der politischen Stimmung liegt die SPD jetzt bei 28 Prozent (minus 3), die CDU/CSU bei 48 Prozent (plus 1), die Grünen bei 10 Prozent (plus 1), die FDP bei 6 Prozent (plus 1) und die PDS kommt auf unveränderte 4 Prozent.
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie taktische Überlegungen der Wähler etwas stärker zur Geltung. Dies berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD käme danach auf 30 Prozent (minus 1), während sich die CDU/CSU auf 44 Prozent (plus 1) verbessert. Die Grünen erhielten 9 Prozent, die FDP 6 Prozent, die PDS 5 Prozent und die sonstigen Parteien zusammen 6 Prozent (alle unverändert). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP eine klare Mehrheit im Bundestag.
Die von Franz Müntefering in die Debatte eingebrachte Kapitalismuskritik findet grundsätzliche Zustimmung in weiten Teilen der Bevölkerung: So teilen 74 Prozent die Meinung, dass viele Unternehmen trotzt hoher Gewinne in Deutschland Arbeitsplätze abbauen, lediglich 23 Prozent sind der Meinung, dass dies nur bei wenigen der Fall sei. Dieser Meinung sind mehrheitlich alle Parteianhängergruppen. Auch 66 Prozent der CDU/CSU-Anhänger werfen dies vielen Unternehmen vor. Der Befürchtung von Franz Müntefering, dass die Profitgier von Unternehmen langfristig unsere Demokratie gefährdet, stimmen 58 Prozent zu. Dass diese Gefahr nicht besteht, meinen 36 Prozent (weiß nicht: 6 Prozent).
Dominierend für die politische Stimmung für die SPD bleibt aber die aus Sicht der Befragten geringe Kompetenz in den Bereichen Wirtschaft und Arbeit und die daraus resultierende hohe Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung: So meinen lediglich 35 Prozent, dass die Bundesregierung ihre Arbeit eher gut mache, aber 59 Prozent, dass sie diese eher schlecht mache (weiß nicht: 6 Prozent). Allerdings wird die Union nicht als attraktive Alternative zur Bundesregierung wahrgenommen. So meinen nur 26 Prozent, dass eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung es besser machen würde, 9 Prozent meinen, sie würde es sogar schlechter machen als die jetzige Bundesregierung und für 62 Prozent wäre da kein großer Unterschied.
Der Auftritt von Joschka Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss hat relativ wenig an früheren Einstellungen verändert: Die aus der Union erhobene Forderung, Joschka Fischer solle vom Amt des Außenministers zurücktreten, findet nur unwesentlich mehr Zustimmung als vorher: Jetzt stimmen 27 Prozent der Rücktrittsforderung zu (März: 23 Prozent), 61 Prozent (März: 64 Prozent) halten einen Rücktritt nicht für erforderlich (weiß nicht: 12 Prozent). Dass die Visa-Affäre den Grünen langfristig schaden wird, glauben nur 38 Prozent und 51 Prozent glauben das nicht (weiß nicht 11 Prozent). Darin sind sich auch mehrheitlich alle Parteinanhängergruppen einig, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Selbst bei den Anhängern der CDU/CSU erwarten nur 44 Prozent, dass diese Affäre den Grünen langfristig schaden wird, bei den Grünen selbst sind es 29 Prozent.
Deutlichere Wirkung hat die Vernehmung von Fischer auf sein persönliches Ansehen: Die langjährige Nummer eins der Top Ten rutscht auf Platz sechs ab. Weiterhin beliebtester Politiker bleibt Christian Wulff. Er erreicht einen Durchschnittswert auf der +5/-5-Skala von 1,3 (April I: 1,1). Allerdings trauen sich weiterhin zwei von fünf Befragten kein Urteil über ihn zu. Danach ein breites Mittelfeld angeführt auf der Position zwei von Otto Schily mit 0,4 (April I: 0,5). Es folgt mit Einbußen Gerhard Schröder mit 0,2 (April I: 0,4) unmittelbar vor Angela Merkel, die jetzt ebenfalls auf 0,2 kommt (April I: 0,1), und vor Wolfgang Clement auch mit 0,2 (April I: 0,1). Danach folgt Joschka Fischer, der mit nur noch 0,1 (April I: 0,4) ein weiteres Mal zwei Plätze zurückgefallen ist. Knapp dahinter Edmund Stoiber mit 0,0 (April I: minus 0,1). Danach der Negativ-Bereich: Guido Westerwelle mit minus 0,5 (April I: minus 0,6) vor Hans Eichel mit unveränderten minus 0,7 und vor Ulla Schmidt mit minus 0,9 (April I: minus 0,7).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer For­schungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 26. bis 28. April 2005 bei 1.285 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefo­nisch geführt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölke­rung in ganz Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.

Seite zuletzt geändert am 08.10.2012 um 11:05 Uhr

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