Zum Inhalt / Navigation überspringen

Politbarometer Februar 2004

ZDF Pressemitteilung - KW 7

(Mainz, 13.02.04) Der spektakuläre Rücktritt Gerhard Schröders vom Amt des SPD-Vorsitzenden hat trotz der hohen Medienaufmerksamkeit keine besonders große Wirkung bei den Bundesbürgern gezeigt. So hat sich an der politischen Stimmung eine Woche nach Schröders Rücktritt nur wenig geändert. Die SPD konnte sich von ihrem extrem schlechten Vormonatswert von 23 Prozent auf 26 Prozent verbessern, ist damit aber nach wie vor nur halb so stark wie die CDU/CSU, die mit 52 Prozent im Vergleich zum Januar unverändert blieb. Leicht verschlechtert haben sich die Grünen auf jetzt 10 Prozent (-1), während die FDP ebenso leicht auf 6 Prozent (+1) zulegen konnte und die PDS auf 4 Prozent zurückgefallen ist (-1).
Wenn jedoch am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen auch längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie taktische Überlegungen der Wähler stärker zur Geltung. Dies berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD erhielte danach 29 Prozent (+1), die CDU/CSU käme unverändert auf 48 Prozent, die Grünen auf 10 Prozent, die FDP auf 5 Prozent und die PDS auf 4 Prozent (alle unverändert), die sonstigen Parteien zusammen erreichten dann 4 Prozent (-1). Damit wäre die CDU/CSU im Bundestag in der Nähe einer absoluten Mehrheit, selbst wenn die PDS über drei Direktmandate in den Bundestag gelangen würde.
Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist mit minus 1,6 (Skala von -5 bis +5) abermals zurückgegangen (Jan.: minus 1,5.). Damit hält die Phase, in der die Deutschen mit der Bundesregierung sehr unzufrieden sind, seit dem November 2002 an.
In diesem Monat hat sich die Liste der nach Meinung der Befragten wichtigsten zehn Politiker verändert: Jetzt wird hierzu der designierte SPD-Vorsitzende Franz Müntefering gerechnet, während Hans Eichel nicht mehr vertreten ist. Im Vergleich zum Vormonat haben sich außer dem Kanzler alle Politiker verbessert: Bei der Beurteilung auf der +5/-5-Skala liegt Joschka Fischer weiterhin unangefochten mit jetzt 1,8 (Jan.: 1,4) auf Platz eins. Danach folgen jeweils mit 0,4 auf den Plätzen zwei bis fünf Edmund Stoiber (Jan.: 0,1), Angela Merkel (Jan.: 0,3), Friedrich Merz (Jan.: 0,2) und Wolfgang Clement (Jan.: 0,2). Neu dabei und auf Platz sechs ist Franz Müntefering mit 0,3. Danach beginnt der Negativbereich: Roland Koch mit minus 0,3 (Jan.: minus 0,6) unmittelbar vor Guido Westerwelle mit minus 0,4 (Jan.: minus 0,7). Danach als einziger in diesem Monat etwas verschlechtert und zum ersten Mal auf dem vorletzten Platz Gerhard Schröder mit minus 0,5 (Jan.: minus 0,4). Weit abgeschlagen auf den letzten Platz kommt Ulla Schmidt mit minus 1,6 (Jan.: minus 1,7).
Die Entscheidung von Gerhard Schröder, vom Amt des Parteivorsitzenden zurückzutreten, finden rund zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) richtig (nicht richtig: 21 Prozent; weiß nicht: 12 Prozent). Hierbei unterscheiden sich die verschiedenen Parteianhängergruppen nur wenig.
Weniger klar fällt das Meinungsbild darüber aus, ob Frank Müntefering ein besserer Parteivorsitzender sein wird als Gerhard Schröder: Dass es Müntefering besser macht, meinen 29 Prozent, 31 Prozent glauben, dass da kein großer Unterschied ist, und 6 Prozent erwarten, dass er es schlechter macht. Allerdings trauen sich hierbei 34 Prozent kein Urteil zu. Bei den SPD-Anhängern erhoffen sich 40 Prozent eine Verbesserung durch den Wechsel und 30 Prozent erwarten keine wesentlichen Änderungen (schlechter: 3 Prozent; weiß nicht 28 Prozent).
Dass die beschlossene Aufgabenteilung zwischen dem Bundeskanzler und dem designierten Parteichef die SPD aus der Krise führen wird, glauben nur 24 Prozent und 67 Prozent glauben das nicht (weiß nicht: 9 Prozent). Lediglich bei den SPD-Anhängern gibt es eine Mehrheit (56 Prozent), die glaubt, dass durch den Wechsel an der Spitze die SPD aus dem Tief herausfinden wird.
Die vermuteten Auswirkungen auf die Regierungsarbeit und den Reformprozess werden eher als gering wahrgenommen: So erwarten 55 Prozent, dass es jetzt für Gerhard Schröder weder leichter noch schwerer wird, seine Reformpolitik fortzuführen (leichter: 12 Prozent; schwerer: 28 Prozent; weiß nicht: 4 Prozent). Gleichzeitig glauben nur 32 Prozent, dass die SPD jetzt stärker auf eine Verlangsamung des Reformtempos drängen wird (glauben nicht: 59 Prozent; weiß nicht: 9 Prozent).
Schröders Rücktritt als Parteichef halten jedoch die meisten nicht für ausreichend: 55 Prozent sind der Meinung, dass Schröder auch eine Reihe seiner Minister auswechseln sollte (nicht auswechseln: 37 Prozent; weiß nicht: 8 Prozent). Trotz aller Veränderungen geht die Mehrheit (56 Prozent) davon aus, dass Gerhard Schröder auch noch am Ende dieser Legislaturperiode Kanzler sein wird (wird er nicht: 39 Prozent; weiß nicht: 5 Prozent).
Im Zusammenhang mit der Wahl in Hamburg wird immer wieder auch über eine mögliche schwarz-grüne Koalition spekuliert. Während dieses Koalitionsmodell für die Bundesebene überwiegend abgelehnt wird (51 Prozent), ist die Ablehnung für die Landesebene mit 30 Prozent wesentlich geringer. 35 Prozent fänden es gut, wenn bei einer der nächsten Landtagswahlen eine Regierung aus CDU und Grünen zustande käme, 32 Prozent wäre das egal. Die höchste Zustimmung für schwarz-grün auf Länderebene gibt es bei den Anhängern der Grünen (gut: 58 Prozent, egal: 23 Prozent, schlecht: 17 Prozent). Nicht ganz so positiv eingestellt sind die CDU/CSU-Anhänger (gut: 38 Prozent, egal: 31 Prozent, schlecht: 28 Prozent).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer For­schungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 9. bis 12. Februar 2004 unter 1.250 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefo­nisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölke­rung in ganz Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.

Seite zuletzt geändert am 08.10.2012 um 11:05 Uhr

zum Seitenanfang