Politbarometer Juli I 2004
ZDF Pressemeldung - KW 28
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie taktische Überlegungen der Wähler stärker zur Geltung. Dies berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD erhielte danach 25 Prozent (-2), ihr schlechtester Projektionswert seit es das Politbarometer gibt. Die CDU/CSU käme unverändert auf 46 Prozent, die Grünen verbesserten sich auf 12 Prozent (+1), die FDP bliebe unverändert bei 7 Prozent ebenso wie die PDS bei 5 Prozent, die sonstigen Parteien erreichten dann zusammen 5 Prozent (+1). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP weiterhin eine klare Mehrheit im Bundestag.
Die Zwischenbilanz für die Arbeit der Bundesregierung nach fast zwei Jahren dieser Legislaturperiode fällt überwiegend negativ aus: So sind nur 29 Prozent der Meinung, dass die Bundesregierung alles in allem gesehen ihre Arbeit eher gut macht, aber 67 Prozent meinen "eher schlecht". Allerdings wird eine mögliche CDU/CSU-Regierung nicht als überzeugende Alternative wahrgenommen: So meinen 59 Prozent, es würde keinen großen Unterschied machen, wenn die CDU/CSU an der Regierung wäre, 27 Prozent gehen davon aus, dass diese es besser machen würde und 11 Prozent erwarten dann eine eher schlechtere Politik.
Trotz des gespannten Verhältnisses zwischen SPD und Gewerkschaften sind 41 Prozent aller Befragten der Meinung, dass die SPD noch mehr auf Abstand zu den Gewerkschaften gehen sollte, 24 Prozent wollen, dass sich die SPD wieder stärker an die Gewerkschaften annähert und 25 Prozent finden das momentane Verhältnis in Ordnung. Die SPD-Anhänger haben da keine klaren Präferenzen: die meisten (43 Prozent) finden es so in Ordnung wie es momentan ist, 24 Prozent wünschen sich mehr Abstand zu den Gewerkschaften und 26 Prozent fordern eine stärkere Annäherung.
Eine neue Partei links von der SPD zu wählen, das können sich 16 Prozent aller Befragten vorstellen, 73 Prozent können das nicht und 11 Prozent sagen "weiß nicht". Am häufigsten (41 Prozent) können sich das die Anhänger der PDS vorstellen, gefolgt von denen der Grünen (22 Prozent) und den SPD-Anhängern, von denen 14 Prozent für denkbar halten, eine neue Linkspartei zu wählen.
Die im Rahmen des Arbeitslosengeldes II im Vergleich zur bisherigen Arbeitslosenhilfe vorgesehenen Kürzungen für Langzeitarbeitslose finden 51 Prozent richtig und 42 Prozent nicht richtig (weiß nicht: 7 Prozent). Diese Kürzungen werden in allen Parteianhängerlagern außer der PDS mehrheitlich unterstützt. Eine Mehrheit von 55 Prozent ist auch dafür, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte angehoben werden, wie es ein Vorschlag der Fraktionen von SPD und Grünen vorsieht. 42 Prozent sind gegen diesen Vorschlag (weiß nicht: 3 Prozent).
Mehrheitlich abgelehnt wird grundsätzlich eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit, ohne dass es dafür mehr Lohn gibt. Dagegen sind 54 Prozent, 44 Prozent sprechen sich dafür aus. Dies sehen Berufstätige fast genauso wie die Gesamtheit. Im April dieses Jahres wurde ein solcher Vorschlag allerdings noch deutlicher abgelehnt (dagegen: 59 Prozent, dafür: 38 Prozent).
Wenig verändert fallen die Werte für die Spitzenpolitiker aus: Weiterhin auf Platz eins Joschka Fischer mit unveränderten 1,6. Mit deutlichem Abstand und ebenfalls mit unverändertem Wert folgt Otto Schily mit 0,5, vor Angela Merkel mit 0,3 (Juni: 0,1) und vor Wolfgang Clement mit 0,3 (Juni: 0,4). Etwas verbessert Edmund Stoiber mit 0,1 (Juni: minus 0,1) vor Friedrich Merz mit 0,0 (Juni: 0,1). Danach beginnt der Minusbereich: Franz Müntefering mit unveränderten minus 0,2 vor Gerhard Schröder mit minus 0,4 (Juni: minus 0,3) und Guido Westerwelle mit minus 0,5 (Juni: minus 0,7). Auf dem letzten Platz liegt weiterhin Hans Eichel mit unveränderten minus 1,0.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 6.-8. Juli 2004 unter 1.255 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Seite zuletzt geändert am 08.10.2012 um 11:05 Uhr