Politbarometer Juli 2010
Sehr deutliche Mehrheit lehnt Gesundheitsreform ab
Nur Minderheit für rot-grüne Minderheitsregierung
(Mainz, 16.07.2010) Die Gesundheitspolitik wird derzeit als eines der wichtigsten politischen Themen empfunden. Dieser Bereich wird jetzt von 20 Prozent der Befragten genannt, im Vormonat waren es nur 6 Prozent.Bei der Beurteilung der kürzlich vom Bundeskabinett beschlossenen Gesundheitsreform sind sich die Bundesbürger einig wie selten: Lediglich 12 Prozent finden es richtig, dass die Finanzierungslücke bei den gesetzlichen Krankenkassen überwiegend durch Beitragserhöhungen geschlossen werden soll und 85 Prozent halten das nicht für richtig (weiß nicht: 3 Prozent). Insbesondere wird die Zukunftstauglichkeit dieser Reform in Frage gestellt: Lediglich 5 Prozent meinen, dass damit für die nächsten Jahre die Finanzierungsprobleme bei den gesetzlichen Krankenkassen gelöst seien, 93 Prozent sehen das nicht so (weiß nicht: 2 Prozent).Auf die Frage, wo die Bürger im Gesundheitswesen große Einsparmöglichkeiten sehen, ergibt sich ein differenziertes Bild: Die meisten (82 Prozent) sehen große Einsparmöglichkeiten bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen, gefolgt von Kostenminderungen bei den Medikamenten (73 Prozent). Gut zwei Drittel (68 Prozent) meinen, dass es auch viel bringen würde, wenn sich die Patienten kostenbewusster verhalten würden. Die Wenigsten sehen große Einsparmöglichkeiten bei den Krankenhauskosten (26 Prozent) und den Arzthonoraren (24 Prozent).Unzufriedenheit mit Regierung
Aber auch ganz allgemein meinen die Befragten mit großer Einigkeit (87 Prozent), dass die Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP bei der Lösung der anstehenden Probleme nicht vorankommt. (kommt voran: 9 Prozent; weiß nicht 4 Prozent). Auch Mehrheiten der Anhänger von Union (76 Prozent) und FDP (87 Prozent) sehen das so.Dass SPD und Grüne in NRW jetzt eine Minderheitsregierung gebildet haben, finden nur 32 Prozent gut, 39 Prozent finden es schlecht und 25 Prozent ist das egal (weiß nicht: 4 Prozent). Die größte Unterstützung findet sich bei den Anhängern der Linke (57 Prozent) und denen der Grünen (57 Prozent). Die Anhänger der SPD sind da wesentlich reservierter, hier sprechen sich nur 46 Prozent dafür aus. Ein solches Modell im Bund wird sogar von insgesamt 60 Prozent abgelehnt und nur von 21 Prozent unterstützt (egal: 15 Prozent; weiß nicht: 4 Prozent). Dort wird es in allen Parteianhänger-Gruppen mehrheitlich abgelehnt.Die politische Stimmung hat sich im Vergleich zum letzten Monat wenig geändert: Die Parteien der Regierungskoalition bleiben im Tief: Die CDU/CSU kommt jetzt auf 32 Prozent (unverändert) und die FDP auf 4 Prozent (plus 1). Die SPD verbessert sich ein weiteres Mal auf jetzt 36 Prozent (plus 2). Die Linke kommt auf 10 Prozent (minus 1) und die Grünen auf 15 Prozent (minus 1).Wenn bereits am nächsten Sonntag gewählt würde, würden längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie koalitionstaktische Überlegungen eine etwas größere Rolle spielen, die in der Politbarometer-Projektion berücksichtigt sind: Die CDU/CSU erhielte danach 33 Prozent (unverändert), die SPD 32 Prozent (plus 1), die FDP käme auf 5 Prozent (unverändert), die Linke auf 10 Prozent (minus 1) und die Grünen auf 15 Prozent (unverändert). Die sonstigen Parteien zusammen lägen bei 5 Prozent (unverändert).Forschungsgruppe Wahlen; Veränderungen zur KW 24 in Klammern
Die Liste der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker wird weiterhin von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg angeführt. Er erreicht nach Sympathie und Leistung auf der Skala von +5 bis -5 einen Durchschnittswert von 2,0 (Juni II: 1,9). Auf Platz zwei bleibt mit unveränderten 1,4 Ursula von der Leyen. Danach kommt jetzt Frank-Walter Steinmeier mit 1,0 (Juni II: 0,9). Deutlich verbessert bewertet wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 0,9 (Juni II: 0,5) vor Wolfgang Schäuble mit unveränderten 0,9. Renate Künast (Juni II: 0,4) erreicht ebenso 0,6 wie Sigmar Gabriel (Juni II: 0,6). Danach folgen Horst Seehofer mit 0,4 (Juni II: 0,3), Gregor Gysi mit minus 0,8 (Juni II: minus 0,6) und Guido Westerwelle minus 1,6 (Juni II: minus 1,7).Der neue Bundespräsident, Christian Wulff, wird mit 1,9 beurteilt. Dabei erhält er in allen Parteianhängergruppen einen positiven Durchschnittswert.Und zum Schluss noch zum Fußball: Dass Joachim Löw Bundestrainer der Nationalmannschaft bleiben soll, meinen 87 Prozent, 4 Prozent sind dagegen und 9 Prozent haben dazu keine Meinung.Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 13. bis 15. Juli 2010 bei 1.178 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 27. August 2010.zum Seitenanfang