Politbarometer September I 2010
Mehrheit gegen längere Laufzeiten von Atomkraftwerken
57 Prozent beklagen schlechtes Miteinander von Deutschen und Ausländern
(Mainz, 10.09.2010) Die Pläne der Bundesregierung, nicht am beschlossenen Atomausstieg bis 2021 festzuhalten, sondern die Laufzeiten der Atomkraftwerke darüber hinaus um durchschnittlich 12 Jahre zu verlängern, werden von 61 Prozent der Befragten abgelehnt. Nur 33 Prozent unterstützen dieses Vorhaben (weiß nicht: 6 Prozent). Im Einzelnen sprechen sich 57 Prozent der CDU/CSU-Anhänger und 58 Prozent der FDP-Anhänger für eine Laufzeitverlängerung aus, dagegen sind die meisten Anhänger von SPD (71 Prozent), Linke (83 Prozent) und Grünen (90 Prozent) für den unter Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg.Dem Vorwurf, die Bundesregierung habe bei ihrem neuen Energiekonzept hauptsächlich die Interessen der Betreiber von Atomkraftwerken berücksichtigt, stimmen 65 Prozent der Befragten zu, 22 Prozent sehen dies nicht so und 13 Prozent können es nicht beurteilen. Dabei meinen nicht nur die Anhänger der Oppositionsparteien (SPD-Anhänger: 75 Prozent, Linke-Anhänger: 91 Prozent, Grüne-Anhänger: 82 Prozent) mehrheitlich, dass dieser Vorwurf zutrifft, sondern auch 56 Prozent der FDP-Anhänger und 49 Prozent der CDU/CSU-Anhänger.Mehrheit stimmt Sarrazin-Thesen zu
Die Thesen von Thilo Sarrazin zum Thema Ausländer und Integration prägten in den letzten Wochen die öffentliche Diskussion. 56 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Thilo Sarrazin mit seiner Kritik Recht habe, 28 Prozent verneinen das (weiß nicht 16 Prozent). Diese Einschätzung wird in fast allen Parteianhängergruppen mehrheitlich geteilt, lediglich bei den Anhängern der Grünen halten sich Zustimmung und Ablehnung die Waage.Unabhängig von der politischen Couleur beklagt die Mehrheit ein schlechtes Miteinander von Deutschen und Ausländern: Für insgesamt 57 Prozent funktioniert das Zusammenleben von Deutschen und Zuwanderern bei uns weniger gut (47 Prozent) oder gar nicht gut (10 Prozent), für zusammen 40 Prozent jedoch gut (38 Prozent) oder sehr gut (2 Prozent). Dabei meinen 38 Prozent, dass für die Integration von ausländischen Mitbürgern bei uns zu wenig getan werde, 34 Prozent halten es für gerade richtig und 21 Prozent glauben, es werde zu viel getan (weiß nicht: 7 Prozent). Von einem mangelnden Integrationswillen der in Deutschland lebenden Ausländer gehen 68 Prozent der Befragten aus, lediglich 24 Prozent glauben, dass die meisten Ausländer genug für ihre Eingliederung tun (weiß nicht: 8 Prozent).In der politischen Stimmung haben die Regierungsparteien im Vergleich zum Vormonat leicht verloren: Die CDU/CSU kommt jetzt auf 33 Prozent (minus 2) und die FDP auf 3 Prozent (minus 1). Die SPD kann auf 33 Prozent (plus 3) zulegen, die Linke bleibt mit 10 Prozent ebenso wie die Grünen mit 17 Prozent unverändert.Forschungsgruppe Wahlen; Veränderungen zur KW 34 in Klammern
Wenn bereits am nächsten Sonntag gewählt würde, würden längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie koalitionstaktische Überlegungen eine etwas größere Rolle spielen, die in der Politbarometer-Projektion berücksichtigt sind: Die CDU/CSU erhielte danach 32 Prozent (minus 1), die SPD unverändert 31 Prozent, die FDP käme auf 5 Prozent und die Linke auf 10 Prozent (beide unverändert). Die Grünen verbesserten sich auf 17 Prozent (plus 1), ihren bisher höchsten Wert im Politbarometer. Die sonstigen Parteien zusammen lägen bei 5 Prozent (unverändert).Die Liste der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker wird weiterhin von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg angeführt. Er kommt nach Sympathie und Leistung auf der Skala von +5 bis -5 auf einen Durchschnittswert von 2,1 (Aug.: 2,0). Auf Platz zwei wieder Frank-Walter Steinmeier mit 1,3 (Aug.: 1,6), vor Ursula von der Leyen mit unveränderten 1,3. Danach folgen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 0,9 (Aug.: 1,0), Hannelore Kraft ebenfalls mit 0,9 (unverändert), Wolfgang Schäuble mit 0,8 (Aug.: 0,9) und Sigmar Gabriel mit 0,7 (unverändert). Leichte Einbußen hat Horst Seehofer mit 0,2 (Aug.: 0,4). Am unteren Ende des Rankings und im Negativbereich bleiben Philipp Rösler mit minus 0,6 (Aug.: minus 0,4) und Guido Westerwelle mit minus 1,5 (Aug.: minus 1,6).Der Rückhalt des FDP-Chefs in der eigenen Partei wird mittlerweile von zwei Drittel der Befragten angezweifelt: 66 Prozent glauben nicht, dass die FDP voll hinter der Politik von Guido Westerwelle steht, nur für 16 Prozent besitzt er den vollen Rückhalt (weiß nicht: 18 Prozent). Im Mai dieses Jahres waren noch 45 Prozent überzeugt davon (nein: 41 Prozent, weiß nicht: 14 Prozent), dass die FDP ihn in wichtigen politischen Fragen uneingeschränkt unterstütze und im Januar sogar 72 Prozent (nein: 15 Prozent, weiß nicht: 13 Prozent).Informationen zur Umfrage
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 7. bis 9. September 2010 bei 1.221 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 24. September 2010.zum Seitenanfang