Politbarometer September I 2012
Große Koalition mehrheitlich gewünscht und erwartet
Fiskalpakt ja – ESM nein
(Mainz, 14.09.2012) In einem Jahr wird gewählt. Und die Bundesbürger erwarten und wünschen, dass die künftige Bundesregierung von einer großen Koalition gebildet wird. Eine solche Regierungszusammenarbeit von CDU/CSU und SPD ist die einzige Parteienkombination, die von einer absoluten Mehrheit der Befragten (54 Prozent) positiv bewertet wird und lediglich von 23 Prozent negativ (egal: 21 Prozent). Die große Koalition finden 79 Prozent der Unionsanhänger gut (schlecht: 7 Prozent; egal: 13 Prozent) und 54 Prozent der SPD-Anhänger (schlecht: 30 Prozent; egal: 15 Prozent). Alle anderen Koalitionsmodelle werden eher schlecht als gut bewertet. Rot/Grün: 39 Prozent gut und 41 Prozent schlecht; Schwarz/Grün: 30 Prozent gut und 43 Prozent schlecht; Schwarz/Gelb: 19 Prozent gut und 54 Prozent schlecht; Rot/Rot/Grün 17 Prozent gut und 64 Prozent schlecht; Rot/Grün/Gelb: nur 14 Prozent gut und 59 Prozent schlecht (Rest zu 100 Prozent jeweils „egal“ bzw. „weiß nicht“).Theo Koll, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen : „In Zeiten der Krise wünschen sich die Deutschen offensichtlich eine Regierung auf breiter politischer Basis und solange sich die Stimmen auf so viele Parteien verteilen ist die große auch die einzig wahrscheinliche Zweierkoalition.“Die große Koalition ist aber nicht nur die mehrheitliche Wunschkoalition, sondern die meisten (45 Prozent) rechnen auch damit, dass nach der Bundestagswahl 2013 CDU/CSU und SPD zusammen die Regierung bilden werden, lediglich 14 Prozent erwarten Rot/Grün und 9 Prozent Schwarz/Gelb. Kaum jemand (4 Prozent) glaubt an ein Zusammengehen von CDU/CSU und Grünen (weiß nicht: 21 Prozent).Politbarometer-Projektion: Dass die Wunschkoalition der Deutschen angesichts der aktuellen Kräfteverhältnisse nicht völlig abwegig ist, belegt die Politbarometer-Projektion: Weder die amtierende Regierungskoalition noch eine alternative Koalition aus SPD und Grünen hätte danach eine eigene Mehrheit: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, erhielte die CDU/CSU 36 Prozent (minus 1), die SPD käme auf 30 Prozent (plus 1). Die FDP würde nur noch 4 Prozent (minus 1) erreichen, die Linke unverändert 6 Prozent, die Grünen verbesserten sich auf 13 Prozent (plus 1) und die Piraten blieben bei 6 Prozent. Die sonstigen Parteien zusammen lägen bei 5 Prozent (unverändert).TOP TEN: Von den nach Meinung der Befragten aktuell wichtigsten zehn Politikerinnen und Politikern erhält Angela Merkel weiterhin die beste Beurteilung. Auf der Skala von +5 bis -5 kommt sie, etwas verbessert, auf einen Durchschnittswert von 2,0 (Aug.: 1,8). Auf Platz zwei liegt Hannelore Kraft mit unveränderten 1,6, gefolgt von Wolfgang Schäuble mit 1,5 (Aug.: 1,4). Danach Peer Steinbrück mit 1,4 (Aug.: 1,3) und Frank-Walter Steinmeier mit unveränderten 1,3. Verbessern konnten sich Ursula von der Leyen auf 0,8 (Aug.: 0,6), Sigmar Gabriel auf 0,6 (Aug.: 0,3) und Horst Seehofer auf 0,5 (Aug.: 0,3). Gregor Gysi liegt mit minus 0,4 (Aug.: minus 0,5) im Negativbereich, ebenso wie Guido Westerwelle mit minus 0,9 (Aug.: minus 1,0).Euro-Rettung: Die verschiedenen Instrumente der Euro-Rettung werden weiterhin unterschiedlich beurteilt: So findet der Fiskalpakt, der ja primär auf die Schuldenbegrenzung abzielt, mit 78 Prozent eine deutliche Zustimmung (dagegen: 15 Prozent; weiß nicht: 7 Prozent), während der Euro-Rettungsschirm ESM, bei dem es um finanzielle Hilfen für verschuldete Euro-Länder geht, mehrheitlich abgelehnt wird: Gegen den ESM sind 62 Prozent, dafür nur 33 Prozent (weiß nicht: 5 Prozent).Griechenland: Die zur Zeit stattfindende Überprüfung der Sparbemühungen Griechenlands durch die Troika aus EU, EZB und IWF ist entscheidend für die weitere Kreditgewährung an Griechenland, das ohne neue Zahlungen bankrott gehen würde. Diese Konsequenz wird allerdings nur von 43 Prozent der Befragten befürwortet, 48 Prozent sprechen sich dagegen aus (weiß nicht: 9 Prozent). Während es bei den Anhängern von CDU/CSU, Grünen und Piraten etwas mehr Gegner als Befürworter eines Bankrotts gibt, sind die SPD-Anhänger mit deutlicher Mehrheit gegen einen Bankrott Griechenlands. Lediglich die Anhänger der Linken sind mehrheitlich dafür.Volksabstimmung: Sollte es im Rahmen der Euro-Rettung zu einer weiteren Abgabe nationaler Zuständigkeiten an die Europäische Union kommen, dann wünschen sich 71 Prozent der Befragten dazu eine Volksabstimmung. Nur 26 Prozent sprechen sich für eine Entscheidung durch Bundestag und Bundesrat aus, wie sie das Grundgesetz ja bisher vorsieht (weiß nicht: 3 Prozent)Rentenaufstockung: Niedrige Renten sollten nach Meinung einer deutlichen Mehrheit (63 Prozent) aufgestockt werden. Lediglich 33 Prozent sind der Meinung, dass sich die Rentenhöhe wie bisher nach den eingezahlten Beiträgen richten sollte (weiß nicht: 4 Prozent). Im Falle einer Aufstockung sollten die Mittel nach Meinung von 45 Prozent dafür aus Steuermitteln kommen und 44 Prozent meinen, dass dafür die Rentenversicherung aufkommen sollte (weiß nicht: 11 Prozent).Informationen zur Umfrage
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 11. bis 13. September 2012 bei 1.198 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 38 Prozent, SPD: 33 Prozent, FDP: 2 Prozent, Linke: 5 Prozent, Grüne: 13 Prozent, Piraten: 5 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 28. September 2012.zum Seitenanfang